11 Tricks, auf die man reinfallen kann, aber nicht muss.

Paradox: Es gibt Kreative, die Texttafeln wie »I am an artist, that does not mean I work for free« herumreichen und dennoch genau das machen: gratis arbeiten. Warum? Tasten wir uns an die Antwort ran.

Eines der vielen Pläsierchen des Menschseins ist unserer Drang, originäre Kunst zu erschaffen. Ohne Literatur, Geschichten, Lieder und Musik wären wir kulturell nur vier Chromosomen vom Schlammspringer entfernt. Durch die künstlerische Interpretation dessen, was wir Realität nennen und die damit verbundenen Emotionen sind wir in der Lage, das Jetzt-Dingens zu erfahren, fassbar zu machen und uns einander mitzuteilen. Ein wunderbares Geschenk. Sollte man meinen.

Derzeit mutiert ein Teil der Bevölkerung heftig in Richtung Schlammspringer, statt sich auf seine kulturellen Werte zu besinnen. Da gibt’s Menschen, die für ein Grillhendl maximal 1,99 ausgeben wollen, sich aber eine Stunde später bei Facebook über Hühnerqualzucht echauffieren. Oder Menschen, die wortreich darlegen, warum die Mainstream-Medienlandschaft ein Verdummungsinstrument sei, den Mist aber täglich konsumieren. Und es geht noch absurder. Jetzt sind wir bei den eingangs erwähnten Künstlern, die gratis arbeiten und sich gleichzeitig darüber beschweren, dass von Künstlern Gratisarbeit erwartet wird.

Der Balanceakt zwischen eigenen Projekten und Auftragsarbeit

Im Zuge der gutmenschigen Gleichmacherei haben leider viele Kreative verlernt, gesund zu kalkulieren. Okay, der Satz geht schöner, tschuldigung. Nochmal. Ich kenne nicht einen einzigen hauptberuflichen Musiker, Schriftsteller oder bildenden Künstler, der neben seinen bezahlten Gigs nicht mindestens ein persönliches Herz-und-Seele-Projekt realisiert, das er selbst finanziert. Eines, das mit unbezahlter Arbeitszeit, viel Liebe und meistens auch eigenem Geld verwirklicht wird. Ich hab auch ein paar davon am Start, eigentlich ständig.

Damit das geht, ohne insgesamt ins Minus zu rutschen, muss ein Künstler den Balanceakt zwischen bezahlten Aufträgen und solchen eigenen Projekten beherrschen. Sprich, einerseits unabhängige Kunst zaubern und andererseits geschäftstüchtig genug sein, um bezahlte Gigs mit ebensoviel Spaß professionell und sauber abliefern zu können. Genau hier klemmt’s.

Statt dieser klaren Trennung hat sich eine Grauzone etabliert, in der allerlei Ungutes wuchert. Zum Beispiel die elf häufigsten Chiffren für Angebote, die man unter allen Umständen ablehnen sollte. Weil sie o.g. Balance unmöglich machen. Diese Liste ist übrigens gratis. Zum Ausdrucken und An-den-Kühlschrank-heften. Damit hinterher keiner behaupten kann, er hätte von nichts gewusst.

#1: »Wir haben jetzt kein Budget für Text/Musik/Grafik, aber wenn’s gut läuft, könnten wir in Zukunft …« Blah. Diese Anmoderation ist ein Grund, das Gespräch abzubrechen und sich mit »Kein Problem, ihr kennt ja jetzt meine Konditionen, meldet euch, wenn ihr das Budget habt« zu subtrahieren. Vergiss nicht: einmal gratis, immer gratis. Es ist so gut wie unmöglich, sich innerhalb einer Geschäftsbeziehung von Nullniveau zu einem angemessenen Honorar hochzuschaffen. Warum auch? Sie wissen ja, wie tief sie dich drücken können, warum also sollten sie eine Honorarforderung künftig ernst nehmen?

#2: »Wir haben da mal einen Copytest vorbereitet.« Ja, und ich hab da mal einen Tofu-Eintopf vorbereitet, den will auch keiner. Natürlich ist ein Copytest eine feine Sache bei der Auswahl von blutjungen Nachwuchstextern und Trainees. Seniortexter und erfahrene Freelancer behelligt man nicht mit sowas. Ein seriöses Art Buying kann die Kompetenzen eines Kreativen anhand von Mappe, Website und/oder aktuellen Referenzen beurteilen.

#3: »Für Redemanuskript (Vortrag, Gig, Eventdesign, Fotoshooting) gibt’s leider kein Geld, aber du triffst wichtige Leute für dein Business!« Wie ernst nehmen wohl diese »wichtigen Leute« jemanden, der für lau arbeitet? Moooment, die wissen das doch gar nicht, entgegnest du hier vielleicht. Doch, die riechen das. Überschätze deine schauspielerischen Talente nicht, und unterschätze nicht die Antennen deines Gegenübers. Jemand, der sich zu Gratisarbeit breitschlagen lässt, kann noch so souverän tun, er hat die Ausstrahlung eines Menschen, der sich selbst nur wenig wert ist. Als Gratisarbeiter hat man nun mal eine andere Rüberkomme als jemand, der sich anständig bezahlen lässt. Naturgesetz, Universum, Wahrheit und so weiter, weißte selber.

#4: »Das ist eine tolle Werbung für dich!« Klassiker mit Gähnfaktor. Hab ich übrigens mal bei unserem Dachdecker ausprobiert. »Hey, wenn du unser Dach neu machst, sieht man deine Arbeit sogar aus dem Weltall bei Google Earth. Das ist eine tolle Werbung für dich.« Seine Reaktion hätte ich gerne gefilmt und zu Youtube gestellt. Leider wollte er dafür Gage, der schlaue Fuchs.

#5: »Das ist ein Literaturwettbewerb. Preisgeld gibt’s keins, aber dein Beitrag kommt in eine Anthologie …« und von der muss der glückliche Gewinner 20 Exemplare mit Autorenrabatt kaufen. Ist das nicht toll? Nein, ist es nicht. Es ist ein verkapptes Druckkosten-Zuschuss-Modell. Literaturwettbewerbe können eine reizvolle Herausforderung sein. Die dabei entstehenden Anthologien enthalten oft interessante Beiträge. Ich war auch schon in einigen vertreten. Und im Gewinnfall dient ein Literaturpreis als hübsche Egopolitur. Aber in irgendeiner Weise dotiert sollte er sein, ob mit Bargeld, Einkaufsgutscheinen oder wenigstens einem coolen Event mit Vollverpflegung und werbewirksamer Presse-Berichterstattung.

#6: »Deine Arbeit wird gesehen, du erreichst bei uns ein großes Publikum!« Frage für den Telefonjoker: Wenn das Publikum so groß ist, warum ist dann das Budget so klein, dass keine Bezahlung für die Kreativen drin ist?

#7: »Wir müssen erstmal sehen, wie es läuft. Beim zweiten Mal gibt’s dann vielleicht Geld.« Umgekehrt wird ein Schuh draus. Es soll laufen? Guter Plan. Dann muss die Kreativenleistung professionell sein, das hat seinen Preis. Sonst läuft’s nicht. Ausnahme: Kleine Indie-Bühnen, die jeden Monat kapp über dem Minus rauskommen und für Künstler Open Mike Night, Impro Stage und ähnliche Auftrittsmöglichkeiten anbieten, um Gäste anzulocken. Da gibt’s keine Gage, aber man spielt auf Hut und freiwilliger Spendenbasis. Manchmal kommt hier erstaunlich viel rum für die Künstler. Manchmal aber auch so gut wie nichts. Betreiber von gut laufenden Großraum-Diskotheken, deren Booker einfach nur zu geizig sind, der Band wenigstens den Sprit und ein Essen als Gage anzubieten, sollte man grundsätzlich ignorieren.

#8: »Das ist für einen guten Zweck, wie kannst du da Geld verlangen?« Heikles Thema. Unbedingt aufs Bauchgefühl hören und im Zweifelsfall die Gegenprobe machen: Bestehe auf deinem üblichen Honorar und biete an, dieses abzüglich Sprit und Verpflegung direkt an den genannten Spendenempfänger zu überweisen. Die Reaktion auf diesen Vorschlag verrät dir, ob es dem Veranstalter wirklich um die Sache geht oder ob da jemand nur im Windschatten des »guten Zwecks« segelt.

#9: »Machst du das echt wegen der Kohle? Ich dachte, du liebst deine Kunst!« Diese Unverschämtheit darf man sich auf der Zunge zergehen lassen wie eine gefrorene Himbeere. Dahinter steht eine Durchtriebenheit, die das Gegenüber als Gesprächspartner komplett disqualifiziert. Leider springen viele Kreative über dieses Stöckchen und fangen an sich zu rechtfertigen. Ganz schlecht. Und sinnlos. Lass es bleiben, spare Sauerstoff und geh einfach kommentarlos weg.

#10: »Natürlich bezahlen wir euch! Vom eingespielten Gewinn nach Abzug aller Kosten bekommt ihr 25 Prozent.« Finde den Fehler 😉

#11: »Ich hab gehört, du machst es auch für weniger!« Hast du echt geglaubt, es kommt nicht raus, dass du den letzten Job für umme gemacht hast? Oder deine hochqualifizierte Bild- oder Schreibkunst anonym bei einer Content-Mill für obszön niedrige Centbeträge verhökerst? Es kommt immer raus. Überleg dir gut, ob DAS der Ruf ist, den du dir erarbeiten willst.

Nun die Preisfrage: Warum machen die das?

Mit »die« sind beide Beteiligten gemeint. Verwerter auf der einen Seite und Kreative auf der anderen. Verlage, Veranstalter, Agenturen und Unternehmen sind eigentlich aus der Nummer raus, denn ihnen kann man direkt keinen Vorwurf machen. Sie dürfen genau so lange auf Gratisarbeit und Billig-Kreationen hoffen, wie es Kreative gibt, die sich dafür hergeben. Wenn das aufhört, sind die Profiteure schneller vom Markt verschwunden als sich »Werksvertrag« und »Honorarvereinbarung« buchstabieren lassen.

It takes two to tango, oder: der Hab-mich-lieb-Komplex

An dieser Stelle tut’s jetzt ein bisschen weh. Aber da musst du durch. Keine Angst, hinterher geht’s dir garantiert besser. Die Antwort ist: Nicht »die« machen es. Sondern du machst es. Und zwar, weil du Angst hast, nicht geliebt zu werden. Gib’s einfach zu. Du glaubst, dass du eine angemessene Bezahlung nicht verdienst und das Einfordern von Geld für Spannungen, Konflikte oder gar »Liebesentzug« sorgen könnte. Und überhaupt, ein Künstler hat’s schwer. Gehört dazu. Der nagt am Hungertuch. Hat ja auch was, dieses bohèmenhafte grade-so-über-die-Runden-kommen. Man kann so schön jammern auf Parties. Und auf das Großkapital schimpfen. Auf die reichen Bonzen, die Verlage, die Veranstalter, oder ganz allgemein »die da oben«. Alle ganz pöse, schluchz.

Tortured Artist? Sorry, nicht sexy.

Kein seriöser Auftraggeber würde jemandem, der so ein jämmerliches Selbstbild hat, ein anständiges Budget anvertrauen. Und was am schlimmsten ist: Die mimimimi-alle-böse-Einstellung führt dazu, dass du immer schlechter in deiner künstlerischen Disziplin wirst. Opferhaltung frisst Kreativität. Irgendwann sitzt da auf deinem Platz ein verbitterter Zausel, mit dem keiner arbeiten will. Willst du das sein?

Also, Hand aufs Herz: Warum arbeitest du gratis? Als Autor, Musiker, Künstler, Texter, Fotograf, Schauspieler, Designer? Du weißt, dass deine Arbeit für potenzielle Kunden und Auftraggeber ein geldwerter Vorteil ist, der den Betrag auf deiner Honorarrechnung weit übersteigt. Warum gibst du also deine Arbeit für lau raus? Statt den Rücken grade zu machen und Partner zu suchen, die deine Leistung wertschätzen, brauchen können und deshalb auch anständig bezahlen? Oder andersrum gefragt: Wie kannst du von einem Auftraggeber erwarten, dass er deine kreative Leistung als einen hohen Wert betrachtet, wenn du selbst sie so lieblos behandelst?

Du kennst sicher den Spruch: DU bist der Stau. Und findest ihn witzig. Findest du es auch witzig, wenn ich dir jetzt sage, dass DU derjenige bist, der Gratisarbeit überhaupt erst möglich macht?

© Kathrin Elfman 2015. Nachdruck, auch auszugsweise, nur nach schriftlicher Genehmigung! Rebloggen ausdrücklich erlaubt;-)

Mehr von mir auf meiner Heimseite www.elfman.de

–> zum Thema Geld: Vom Wesen der Wertschätzung

–> über meine Arbeit: Ich schreibe, also bin ich. Die süße Lust am Text

–> Meine lieferbaren Veröffentlichungen im Überblick

 

Update und Hinweis!

Facebook hat in der Nacht vom 24. auf den 25. März ohne meine Zustimmung den Direktlink zu diesem Beitrag gesperrt. Er kann daher nicht mehr über die Share-Funktion verlinkt werden. Dass mir parallel ein kostenpflichtiges Werbepaket angeboten wurde, um, ha-ha, »meine Reichweite zu steigern« (wo ist der Ironie-Button?) hat damit natürlich nichts zu tun. Niemals 😉

Jedenfalls: Leider wurden dabei auch sämtliche geteilten Links zu diesem Text auf anderen Profilen, in Chats und in Foren entfernt. Das finde ich sehr, sehr schade. Ich möchte noch einmal von Herzen DANKE an alle sagen, die am 24. März diesen Text geliked, geshared und weiterverbreitet haben. Ihr seid toll. Danke!

Update 27. März:

Schwupps, plötzlich ist  alles wie vorher. Die geteilten Beiträge sind wieder sichtbar, die Facebook-Share-Funktion bei WordPress aktiv, das Einbetten oder Verlinken des Artikels möglich. Hmmm….. und das, obwohl ich immer noch keine fb-Werbung gekauft habe? Nehmen wir es  als Erpressungs-Metapher, die nicht funktioniert hat. Bei mir nicht, und bei den Lesern auch nicht, denn – und das kann ich gar nicht oft genug betonen – eure Unterstützung in den Social Media Plattformen war und ist sagenhaft. Danke! Ich wünsche euch einen zauberhaften Freitag mit vielen schönen Gedanken!

34 Antworten auf „11 Tricks, auf die man reinfallen kann, aber nicht muss.

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  1. Vielen Dank für diesen Text. Der trifft mich übrigens gleich doppelt: Als Freelancer im Preprint- / Webbereich und als Frontman zweier Bands. Und ich habe diese Sprüche auch alle schon irgendwann einmal gehört. Unglücklicherweise hatte hier meine Großmutter absolut recht, sie sagte stets: „Kunst geht nach Brot!“ Ein Schelm, der Böses dabei denkt 😉

    1. Ah, noch einer der multi- und interdisziplinär arbeitet. Das scheint der rote Faden bei unsereins zu sein. Deine Großmutter war eine kluge Frau 🙂

  2. „Ich kenne nicht einen einzigen hauptberuflichen Musiker, Schriftsteller oder bildenden Künstler, der neben seinen bezahlten Gigs nicht mindestens ein persönliches Herz-und-Seele-Projekt realisiert, das er selbst finanziert“

    Hmm – ich kenne da eine ganze Menge. Sind sogar Promis bei. Und falls ich als Buchautor ebenfalls zu den o.g. gehöre, kann ich mich sogar selbst nominieren. Und ich bin froh, auch ohne Honorar und Gage so manches Herzblut-Projekt verwirklicht zu haben.

    Just my 5 cents. Wolfgang Berke (Buchautor, Journalist, ehem. Musiker)

    1. Lies den Satz nochmal, lieber Wolfgang. Da steht genau das drin, was Du sagst 😉 Eventuell hast Du das »nicht« am Anfang überlesen? Es stimmt: Jeder, wirklich jeder Künstler und Kollege in meinem Bekanntenkreis hat eines oder mehrere Herzblutprojekte am Start, die er aus eigener Tasche stemmt.

  3. Ich habe mir das runtergeladen für mich, Ich hoffe das ist in Ordnung, Aber ich mußte diese Fallen einfach schriftlich haben und vor allem wie man sich wehrt.
    Übrigens ich habe es schon ausprobiert, es funktioniert wirklich.
    Liebe Grüße Puenktchen

  4. Sehr guter Artikel!
    Besonders der „Hab-mich-liebt-Effekt“ ist eine interessante Sache. Sicher denken viele an so etwas gar nicht, ist ja schließlich dieses schmuddelige Psychozeugs… 😉
    Einzig vergessen wird in dem Artikel, dass es auf der anderen Seite eben auch noch viele Amateure gibt, die ihre Kunst und Kreativität verschenken und die Gagen ins Bodenlose drücken. Immer besser zu sein, als Amateure (Musiker in meinem Fall) ist nicht einfach und im Bereich Kunst ja auch sehr relativ… Wenn es also auch immer welche gibt, die etwas ähnliches verschenken wirds schwer. Preisdumping nennt man sowas in der Wirtschaft, im künstlerischen Bereich ist sich dem aber keiner bewusst…

    Grüße H.S.

    1. Danke Holger, das ist ein guter Hinweis! Diesen Aspekt habe ich tatsächlich vernachlässigt. Vermutlich weil ich so erfreut darüber war, dieser »Hab mich lieb«-Sache auf die Schliche gekommen zu sein. Psychozeug, hihi. Mir war das bis vor Kurzem auch nicht so glasklar, der Groschen fiel bei mir erst durch einen liebevollen Hinweis von außen 😉

  5. Danke – tolle Liste und so wahr. Bin auch multi- und interdisziplinär unterwegs als Layouter und Clown.
    Wäre doch eine „tolle Werbung“ auf der Messe im Nachbarort umsonst aufzutreten… oder für „die gute Sache“ in der örtlichen Bücherei für Kinder was zu machen … oder für einen Clowns-Kollegen einen möglichst kostenlosen Flyer gestalten. – Ja, es gibt Herzblut-Projekte, das steht auf nem anderen Zettel, aber das geht nur, wenn man von der restlichen Arbeit noch leben kann.

  6. Dann bleibt man halt mit seinem Podex zuhause. Es ist doch jedem überlassen für welche Gage man auftritt. Für mich klingt das schwer nach jammern über die ach so ungerechte Gesellschaft die die Kunst nicht wertschätzt. In Zeiten der knappen Kassen und der Sparsamkeit oder des Geizes fällt halt irgendetwas hinten runter. Das ist nunmal nicht das Brot oder die Butter. Und geänderte Prioritäten mit dem geistigen Niveau von Schlammspringern gleichzusetzen spricht eine deutliche Sprache die eben nicht weit weg ist von dem genannten Niveau.

    1. Manchmal hilft es, einen Text erst mal zu lesen und dann etwas dazu zu schreiben. Hier geht es nicht um jammern oder Sparsamkeit oder Geiz. Es geht darum, dass Künstler selbst entscheiden sollen, ob sie sich vernünftig bezahlen lassen. Wie war das nochmal mit dem Schlammspringer?

    1. Ja, das Phänomen verstehe ich auch erst seit ein paar Stunden. Eine verschwiegene, aber leider gängige Praxis bei Facebook: Wenn nicht-gesponserte Links zu externen Beiträgen eine zu hohe Reichweite erreichen, deaktiviert man fb-seits einfach die Share-Funktion und blockiert den Link. Gleichzeitig wurde mir »angeboten« ein Werbepaket zu kaufen, um, hahahaha, meine Reichweite zu steigern. Nun ja 😉

  7. Treffend beschrieben – traurig und leider nur all zu wahr.

    Ein weiteres Thema bei diesen “Gewinnoptimieren” (Veranstaltern) ist, daß Sie den Großteil der Marketingarbeit auch noch auf den Künstler, Musiker etc. verlagern. D.h. Flyer, Plakate, Annoncenvorlage, Pressetext dürfen (kostenfrei versteht sich) in “ausreichender Menge” – whatever it means – geliefert werden. Ganz edel wird es wenn Du dann (bei Teilnahme an Wettbewerben z.B.) pro Song 50 Euronen „Startgeld“ – bei Erreichen der Endrunde weitere 150€ abdrücken und dann 50 Eintrittskarten zum „speziellen“ Subskriptionspreis auch noch selbst verticken darfst…. sprich: „Zahle 1000,-€ und bringe bitte auch noch Deinen eigenen Fanbus mit, denn Du könntest ja bekannt werden….“

    Es ist wie im allgemeinen Wirtschaftsleben: solange es Dienstleister, Anbieter, Künstler etc. gibt die sich gegenseitig mit Dumpingpreisen unterbieten um „auf-Teufel-komm-raus“ Aufträge zu erhaschen, bzw. nicht vernünftig kalkulieren können – haben Veranstalter, Kunden, Abnehmer usw. keinerlei Veranlassung an diesem Zustand etwas zu ändern und freiwillig mehr zu bezahlen, als der „Markt“ Ihnen anbietet. Leider zählt dann auch die für unser Ego wichtige und oftmals nur noch als erbärmliche Rechtfertigungsfloskel verstandene „Qualität=Kosten“-Regel als Argument nicht mehr.

  8. Man muss einfach ein gutes Gefühl für solche Dinge bzw. einen Geschäftssinn haben.

    Man muss wissen, wann man umsonst arbeitet, und wann man verlangt.
    Ich habe meine größten Auftraggeber meist über kostenlose Videos für mich gewinnen können, immer in der Hoffnung, noch größere Aufträge zu erhalten. So war es dann auch, und kann jetzt weitaus mehr als den Standard Tarif verlangen.

    Das Problem liegt oft auch bei uns. Viele Künstler sind oft nicht so gut, wie sie gern wären und versuchen über dieses „Jeder muss möglichst viel verlangen“ Gehabe trotzdem über die Runden zu kommen. Es tut mir Leid, aber nicht jeder ist für jeden Job geeignet. Nur weil Künstler sein freiberuflich ist, um man kein Bewerbungsgespräch hat, heißt das nicht, dass jeder dafür geeignet ist.

    Ganz einfach, Situation abchecken und gut ist. Gesunder Wettbewerb hat noch nie geschadet.

    1. …präzise, dem Standpunkt schließe ich mich an. (Glückwunsch zum Erfolg!) Und »Es tut mir Leid, aber nicht jeder ist für jeden Job geeignet« tut mir noch nicht mal leid. Es ist einfach so. Es ist auch nicht jeder als Anästhesist oder als Entschärfer für den Kampfmittelräumdienst qualifiziert. Kunst ist 10% Inspiration und 90% Transpiration, sprich, kompetentes Business und ständige Arbeit an den eigenen kreativen Fähigkeiten. Und gesunder Wettbewerb macht die Sache sogar ganz unterhaltsam 😉

  9. ich weis nicht WIE oft ich schon gratis für Werbung meine Luftaufnahmen machen sollte. Mach ich nicht. ganz einfach. Dazu ist das Material zu teuer. Basta.

  10. Zum Thema „Unverschämtheit“: Mein Vater (Grafik-Designer) hatte bei einem seiner möchtegern Auftraggeber folgende Reaktion zu bestaunen: „Was!? So teuer!? Aber Sie können das ja!“ Ach so, wenn man Arbeit macht, die man nicht beherrscht, hat man also Anspruch auf eine höhere Bezahlung? Ich kenne die Geschichte nun seit 20 Jahren, verstanden habe ich das Argument bis heute nicht. Sie größte Dreistheit, die ich persönlich (als ich noch Architekt war) erleben durfte, war das mündliche Zugeständnis eines fixen Stundenlohns. Als ich wenige Tage später meinen Auftraggeber darauf ansprach, dass das Projekt (40-60 Stunden die Woche) seinen finanziellen Rahmen sprengen würde, gab er mir zu verstehen, dass er mich geringfügig angemeldet hätte (380€ im Monat und Versicherung muss man selbst bezahlen!!!) und nun meine Unterschrift dazu bräuchte, denn ich sei ja nur Student. Zuletzt hatte ich zu kämpfen, überhaupt das bis dahin verdiente Geld zu erhalten. Meine Lehre daraus: niemals ohne schriftliche Vereinbarung mit der Arbeit beginnen! Auch wenn darunter der Stolz und das Ehrgefühl leiden.

  11. Tja. Neben vielem „wahren“, wie der Angst, oder dem unsichtbaren Gratisstempel auf der Stirn,
    ist DAS Thema meiner Erfahrung als Musiker nach bei weitem hier viel zu eng gefasst.
    Und das ist nicht nur meine eigene Erfahrung, das höre und erlebe ich von und bei vielen Kollegen.

    Ein paar weitere, entscheidende Einflußfaktoren, die permanent Druck ausüben:

    -Hobbymusiker vers Beruf-s-Musiker

    Die Zahl der möglichen Aufträge für singende, spielende Musiker ist durch das Explodieren der DJ-Szene in den letzten Jahrzehnten drastisch gesunken, die Anzahl der Veranstaltungen, für die Musiker engagiert werden ebenso, was in Kombination mit den vielen Hobby-Bands für unsereins eine enormen Preis-Druck-Situation darstellt=
    in der heutigen Schnäppchen-Gesellschaft zählt sehr oft mehr,
    daß „man“ jemand für lau, oder nen Spesenpreis bekommt,
    als der WERT einer musikalischen Qualität/Ausgereiftheit.
    Von bewundernden Feedbacks kann ich mich nicht ernähren, wenn dann der Hinweis auf das „nicht vorhandene Budget“ am Ende steht….

    -GEMA & Künstlersozialkasse

    Die extrem gestiegene Aussentätigkeit und das Grundkonzept dieser Institutionen hat flächendeckend in Deutschlands Kneipen, Clubs, Vereinen, Hotels, Veranstaltern für enormen Wegfall von Auftritts-Situationen gesorgt, die „früher“ zumindest mit einer gewissen Bezahlung für einen relativ stabilen Boden von Einkommen standen. Das „Gejammere“ der Auftraggeber, die schon mit der Grundgebühr für Hintergrundmusik bei Ihren Events/Locations hadern, ist permanentes Kommunikationsgut….

    -Das „Grundeinkommen“.

    Wer mehr schlecht wie recht von seiner Musik leben kann, muß erstmal jede Gelegenheit nutzen,
    sich eben mithilfe von „sorgfältig abzuwiegenden!“ Gratis-Auftritten „Veranstaltungsgästen“ zu präsentieren, was zu bezahlten Aufträgen führen kann..
    Nur wer sich nach und nach ein einigermaßen Einkommen erarbeitet hat, kann sich erlauben,
    sich DANN dem „Ausnutz-Spiel“ weitgehend zu entziehen.

    ERGO: aus meiner Erfahrung hat mich das Wissen um die hier „richtigerweise“ aufgezählten Psycho-Fallen
    bei all den soeben aufgezählten Tatsachen nicht wirklich aus der erkenntnis heraus in eine angemessenere Ebene gebracht, von meiner Kunst locker leben zu können…..

    Einen PREIS zu haben und zu nennen, ist schon eine enorme Erarbeitungs-Ebene für viele „Künstler“,
    ihn dann sooft auch zu bekommen, um davon zu leben, eine Steigerungs-Ebene,
    die ganz viel Selbstvertrauen, Ausdauer, Präsenz, Unterstützer und noch vielmehr in der nächsten
    Stufe braucht…

    Um den Rahmen hier nicht zu sprengen, belasse ich es mal bei diesen Punkten….

  12. Ich bin berührt, erfasst und ergriffen von diesen kraftvollen und deutlichen Worten! Ich wünsche mir sehr, dass die Anzahl der Menschen wächst, die das in der Weise ausdrücken und dazu kompromisslos stehen!

    Ich wünsche mir auch, dass besonders immer mehr Frauen solche Worte aus ihrer inneren Verbundenheit heraus finden und deutlich aussprechen!

    Ich arbeitete in einem Handwerk, in der starke Abhängigkeit vom Kunden besteht und wurde auch mit solchen Strukturen konfrontiert. Die wenigen Male, die ich mich in Krisenzeiten meiner Betriebe auf sie einließ, führten so schnell zu einer Mißachtung meiner Person und meiner hochwertigen Leistung, dass ich fast augenblicklich aus der Geschäftsbeziehung ausstieg. So konnte ich mir wenigstens noch im Spiegel in die Augen sehen.

    Ich arbeitete in einem Handwerk, das im Wesentlichen im Hintergrund existiert. Dachdecker habe ich immer beneidet. Nicht allein wegen der Übersicht, die sie in der Höhe haben!

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